Eine andere Welt
Geistlicher Impuls von P. Hans-Angelus Meyer
„Wir sind in einer anderen Welt aufgewacht.“ Dieser Satz wird wohl bleiben, egal was da noch kommt. Oder wie jemand anderes sagte: „Das Leben und das Lebensgefühl gehen getrennte Wege.“ So empfinde ich es auch: Seit dem 24. Februar geht das Leben seinen normalen Gang. Man geht seiner Arbeit nach, kauft ein, geht ins Kino usw. Man könnte sogar die ersten Frühlingstage genießen oder das Abflachen der Corona-Welle und die baldige Aufhebung aller Beschränkungen. Aber irgendwie will es mir nicht gelingen. Denn ich komme nicht los von den Brennpunkten im Fernsehen, den Livetickern im Handy und meinen eigenen Gedanken im Kopf.
Krieg in Europa. Die einen mit einer unvorstellbaren Waffenmacht und die anderen mit einer unglaublichen emotionalen Macht. Und ich schaue zu und kann nicht mehr. Diese Ohnmacht auf der einen Seite und die gefühlte Nähe durch die Medien auf der anderen Seite zerreißen mich innerlich.
In den Kirchen beginnt die Passionszeit. Es geht um das Leiden Christi auf seinem Weg ans Kreuz in den Tod. Doch das wirkt abstrakt, gegenüber dem Leiden der Menschen in der Ukraine und an den vielen anderen Orten auf dieser Welt. Und auch hier stehe ich ohnmächtig zwischen den aktuellen Leidensbildern im Fernsehen und den Leidensbildern in der Bibel. Diese Ohnmacht kennen die Menschen in der Bibel auch. Deshalb geben Sie sich gegenseitig Mut in der Verfolgung mit Sätzen wie diesem: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ (1 Johannes 3,8b)
Es ist eine andere Welt. Vor zwei Wochen hätte mich dieser Satz irritiert – heute hoffe ich auf ihn.
Pastor Hans-Angelus Meyer, Seggebruch