Erfolgreicher Abschluss der Fortbildung „Traumafachberatung“

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Landeskirche stärkt Netzwerk für traumatisierte Menschen und Betroffene sexualisierter Gewalt

Mit einem offiziellen Zertifikatsabschluss endete in dieser Woche die Fortbildung „Traumafachberatung“ der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. Über vier dreitägige Module hinweg haben sich 21 Teilnehmende aus unterschiedlichsten Bereichen der sozialen Arbeit intensiv mit den Auswirkungen von Traumata, neurologischen Prozessen und gezielten Stabilisierungstechniken auseinandergesetzt. Ziel war es, die Kompetenz im Umgang mit Betroffenen von Traumatisierung und sexualisierter Gewalt nachhaltig zu stärken und ein tragfähiges Netzwerk für die Region zu schaffen.


Vielfältige Teilnehmende – breites Netzwerk
Die Fortbildung richtete sich an ein breites Spektrum von Fachkräften: Neben Mitarbeitenden von Kindertagesstätten, Ansprechpersonen für sexualisierte Gewalt, der Telefonseelsorge, der Ehe- und Lebensberatung, Diakon:innen, Pastor:innen und dem leitenden Notfallseelsorger für Schaumburg nahmen auch Vertreter:innen der Volkshochschule, der Diakonie, der Geflüchtetenunterkunft des Landkreises, der Aufarbeitungskommission und der Reformierten Landeskirche teil. „Mehr Menschen mit mehr Kompetenz im Umgang mit Traumatisierung – das ist das Ziel unserer Landeskirche. Wir haben die Fortbildung bewusst für unsere Partner geöffnet, um gemeinsam ein starkes Netzwerk in der Region zu bilden“, erklärt Alexandra Eimterbäumer, theologische Referentin der Landeskirche Schaumburg-Lippe.

Praxisorientierte Fortbildung mit nationalem Experten
Die Fortbildung wurde von Alexander Korittko geleitet, einem national und international anerkannten Experten für Psychotraumatologie und Traumapädagogik. Korittko stammt ursprünglich aus Hannover und wurde gezielt für die Fortbildung in Schaumburg-Lippe engagiert. „Wir haben ein individuelles Programm entwickelt, das auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden zugeschnitten ist. Besonders die vielen Praxiseinheiten und Rollenspiele haben die Fortbildung sehr lebendig gemacht“, berichtet Dr. Eimterbäumer. Eine vorab durchgeführte Umfrage sicherte, dass die Inhalte praxisnah und relevant für die jeweiligen Arbeitsfelder waren.

Themen und Methoden der Fortbildung
Im Mittelpunkt standen vertiefte Kenntnisse zur Traumaentstehung und ihren Folgen, Methoden zur Stabilisierung in Gesprächen, Ressourcen-Aktivierung sowie spezielle Ansätze wie „Gewalt-Stoppen-Gespräche“ für Paare. Auch Themen wie sexualisierte Gewalt an Kindern, Selbstfürsorge gegen Mitgefühlserschöpfung, Weitergabe von Traumatisierungen an die nächste Generation sowie kollektive Traumatisierungen durch Krieg, Flucht und Vertreibung wurden behandelt. „Die Traumafachberatung unterstützt Betroffene dabei, ihre Erfahrungen zu bewältigen und Strategien für den Alltag zu entwickeln. Sie nutzt wissenschaftlich fundierte Methoden, um Stress zu reduzieren, Emotionen zu stabilisieren und Ressourcen zu aktivieren“, erläutert Dr. Eimterbäumer.

Rollenspiele, Supervision und Selbstfürsorge
Die Fortbildung legte besonderen Wert auf praxisnahe Übungen, insbesondere Rollenspiele, die von den Teilnehmenden als sehr herausfordernd, aber auch als besonders lehrreich empfunden wurden. „Die Rollenspiele gingen tief an die Substanz. Es war wichtig, wieder aus der Rolle zu finden und das Erlebte gemeinsam zu reflektieren“, so Dr. Eimterbäumer. Auch die Selbstfürsorge und der Schutz vor Mitgefühlserschöpfung waren zentrale Themen. „Besonders bei den Rollenspielen zu Gewalt in der Partnerschaft war es wichtig, sich selbst zurückzunehmen und sich auf die Sache zu konzentrieren. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, professionell zu bleiben und trotzdem einfühlsam zu sein. , berichtet Denise Watermann, Diakonin bei der Landeskirche.

Ansprechpersonen in jeder Gemeinde
Die Landeskirche engagiert sich weiterhin, im Landeskreis Traumasensibilität und den Schutz vor sexualisierter Gewalt zu fördern. Unter anderem schult sie aktiv Ansprechpersonen vor Ort in jeder Gemeinde. So wird es im September eine weitere Fortbildung zur Kommunikation mit möglichen Betroffenen geben. 

O-Töne der Teilnehmenden

Dirk Bangert, Pastor in Heuerßen:
„Die Fortbildung hat uns die Möglichkeit gegeben, ein starkes Netzwerk aus unterschiedlichen Berufsgruppen zu bilden und Ansprechpersonen für Menschen mit traumatischen Erfahrungen zu finden. Gerade die Vielfalt der Teilnehmenden und Anwendungsfelder macht das Angebot besonders wertvoll für unsere Arbeit.“

Christine Wagner, Geflüchtetenhilfe, Landkreis Schaumburg:
„Für mich war es wichtig, Schwerpunkte zu setzen, die zu meinem Arbeitsbereich passen. Die Fortbildung hat meine Neugierde geweckt und mir geholfen, tiefer in die Thematik einzusteigen. Besonders geschätzt habe ich die Vernetzung mit anderen Fachkräften aus der Region.“

Alexander Korittko, Experte für Traumafachberatung:
„Nach der Fortbildung ist es wichtig, das Gelernte in der Praxis zu reflektieren. Deshalb bieten wir im nächsten Schritt Supervision an, um die Anwendung zu besprechen und uns regelmäßig auszutauschen. So können die Teilnehmenden das Wissen nachhaltig in ihren Arbeitsalltag integrieren.“

Dr. Alexandra Eimterbäumer, Theologische Referentin der Landeskirche:
„Trauma zu überwinden ist ein langer Weg. Mit dieser Fortbildung stärken wir die Kompetenz unserer Mitarbeitenden und schaffen ein sicheres Umfeld für Betroffene. Es ist schön zu sehen, wie engagiert alle mitmachen und welche neuen Impulse sie in ihre Arbeit einbringen.“

Manuela Feldmann, Reformierte Landeskirche, Ansprechperson für sexualisierte Gewalt:
„Ich empfinde die Fortbildung als sehr wertvoll. Sie hat uns geholfen, uns noch besser zu vernetzen und die Sensibilität für das Thema Trauma zu erhöhen. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, mein Wissen zu erweitern und mich mit anderen Fachkräften auszutauschen.“

Petra Ottensmeyer, Telefonseelsorge:
„Die Fortbildung hat mich motiviert, noch tiefer in die Traumafachberatung einzutauchen. Ich freue mich darauf, das Gelernte in meine Arbeit bei der Telefonseelsorge einzubringen und Betroffene noch besser zu unterstützen.“

Teilnehmerin aus dem Kitabereich:
„Die traumasensible Pädagogik ist für uns im Kindergarten ein wichtiges Thema. Wir haben viele Impulse bekommen, wie wir Kinder und ihre Familien in schwierigen Situationen noch besser begleiten können. Besonders freue ich mich, dass wir Ideen wie Kinderyoga und Meditation entwickeln können.“

Sabine Wilkening, Hospiz:
„Die Übungen und das gemeinsame Lernen haben mir geholfen, meine Sensibilität für Betroffene zu erhöhen. Das Wissen aus der Fortbildung kann ich direkt in meiner Arbeit im Hospiz anwenden.“

Eine Mitarbeiterin der VHS Schaumburg:
„Die Rollenspiele waren für mich manchmal schwer und herausfordernd, aber sie haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich in die Situation von Betroffenen hineinzuversetzen. Ich habe viel gelernt und fühle mich jetzt sicherer im Umgang mit traumatisierten Menschen.“

Denise Watermann, Diakonin:
„Besonders bei den Rollenspielen zu Gewalt in der Partnerschaft war es wichtig, sich selbst zurückzunehmen und sich auf die Sache zu konzentrieren. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, professionell zu bleiben und trotzdem einfühlsam zu sein.“

Olga Lehmann, Kita Bodelschwingh-Haus Bückeburg:
„Die Fortbildung hat mir geholfen, einen Blick in die Seele von Betroffenen zu werfen. Es ist wichtig, sachlich zu bleiben und gleichzeitig Mitgefühl zu zeigen. Das ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Bereicherung für meine Arbeit.“

Dr. Alexandra Eimterbäumer (zum Thema Rollenspiele):
„Die Rollenspiele gehen manchmal an die Substanz, weil sie uns sehr nah an die Gefühle und Erlebnisse der Betroffenen heranführen. Es ist wichtig, dass wir lernen, wieder aus der Rolle zu finden und das Erlebte gemeinsam zu reflektieren.“

Ralf Schymon, Notfallseelsorger:
„Ich kann das Gelernte in drei Bereichen anwenden: Als Notfallseelsorger kann ich Menschen in Krisensituationen stabilisieren und sie an Fachstellen weiterleiten. In der Freiwilligen Feuerwehr helfe ich Kameradinnen und Kameraden, wenn sie nach schlimmen Einsätzen betroffen sind. Und im Jobcenter kann ich das Wissen an meine Kolleginnen und Kollegen weitergeben.“ 

Ausblick und weiteres Engagement
Die Landeskirche Schaumburg-Lippe unterstreicht mit dieser Fortbildung ihr Engagement, Menschen in schwierigen Lebenssituationen kompetent zu begleiten und zu unterstützen. Die Teilnehmenden nehmen nicht nur neues Wissen und praktische Methoden mit, sondern auch ein gestärktes Netzwerk für die Region. Weitere Fortbildungen und Supervisionen sind bereits in Planung, um die Kompetenz im Umgang mit Traumatisierung und sexualisierter Gewalt weiter zu vertiefen.
 

Hintergrundinformation
Traumafachberatung unterstützt Menschen, die traumatische Erlebnisse wie Gewalt, Unfälle oder Verluste verarbeiten müssen. Sie hilft Betroffenen, Strategien für den Alltag zu entwickeln und Stress sowie Emotionen zu bewältigen. Ziel ist es, Ressourcen zu aktivieren und die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Die Fortbildung unterscheidet sich bewusst von einer Traumatherapie und richtet sich an Fachkräfte, die in unterschiedlichen beraterischen Kontexten arbeiten, aber nicht traumatherapeutisch tätig sind.

 

Foto: Nadine Dressler